Interview mit Universe-Head Coach Mike Williams
„Wir haben uns sehr hohe Ziele gesetzt und haben sie verfehlt, aber wir haben viel gemeinsam erreicht und sind weit oberhalb der Wolken gelandet, denn wir haben uns niemals aufgegeben“ und „Kontinuität, Geduld und Visionen sind die Schlüssel zum Erfolg“ sind zwei der Hauptaussagen von Head Coach Mike Williams im Interview nach dem „Frankfurt Bembel II“. Die zweite Auflage des Stadtderbys in der Commerzbank-Arena gewann Universe souverän mit 21:2.
Im Interview blickt Mike Williams nun auf die Saison zurück, in die Zukunft voraus und detailliert in ein Team, das seiner Aussage nach Charakter bewiesen und sich trotz zwischenzeitiger 1:4-Bilanz niemals aufgegeben habe. Mittlerweile steht Universe mit einer 8:5-Bilanz auf Platz zwei der GFL2 Süd-Tabelle. Auch auf die Leistungssteigerung ab dem sechsten Vergleich geht der Kanadier im Interview ein.
Während des Abschluss-Huddle nach dem „Bembel II“ hast Du gesagt, das Spiel sei Dein letztes für die Saison 2014. Was ist mit dem Diamonds-Spiel am 13. oder 14. September?
Ich coache gegen die Diamonds aus zwei Gründen nicht. (grinst) Zum einen habe ich bemerkt, dass ich während dieser Achterbahn-Saison mehr graue Haare bekommen habe, und habe daher beschlossen, eine kleine Auszeit einzuschieben, bevor ich komplett grau werde. Zum anderen – und das ist der wichtigere Grund! – hatte Coach Kösling im Spiel gegen Twister die Möglichkeit, Head Coach zu sein… und hat verloren! Ich möchte ihm also die Möglichkeit geben, zumindest mit einer 50:50-Bilanz als Head Coach aus der Saison zu gehen… (lacht) Nein… Quatsch. Ich habe den Urlaub mit meiner besseren Hälfte Anna bereits gebucht, bevor das Darmstadt-Spiel verschoben wurde. Sie hat diesen Urlaub verdient, nachdem sie mich die ganze Saison über unterstützt hat. Danke, Spatz!
Man hatte diese Saison den Eindruck, dass der Coaching Staff wirklich als Einheit gearbeitet hat und die Umgangsform sehr sehr freundschaftlich war.
Enger habe ich nie mit einem Coaching Staff gearbeitet. Wir haben alle gemeinsam gekämpft, um dieses Team aus dem Tabellenkeller zu holen und haben mit der Zusammenarbeit begonnen, als wir nur wenige Wochen vor der Frist erst 15 unterschriebene Pässe vorliegen hatten. Zwischen uns herrscht großer Respekt für die anderen Coaches, Bewunderung für die Arbeit des anderen und großes Vertrauen auf und neben dem Feld. Wir sind Freunde und ich fühle mich in jeder Sekunde geehrt, Head Coach inmitten dieser Gruppe von Freunden zu sein.
Nach dem verlorenen Heimspiel gegen die Wildcats hast Du einen „Offenen Brief“ die Universe-Gemeinschaft geschrieben, in dem Du die alleinige Verantwortung für die schwache Leistung übernommen, gleichzeitig aber auch Ziele für den Rest der Saison formuliert hast. Hast Du diese Ziele in Deinen Augen erreicht?
Ja, diese Ziele sind erreicht worden. Allerdings gemeinschaftlich. Wir hatten sie uns gemeinsam gesetzt und ich wollte die Fans wissen lassen, dass wir alles auf dem Feld unternehmen würden, um sie stolz auf uns zu machen. Ich denke, sie sind in der Tat stolz. Wir haben nicht das ultimative Ziel, den ersten Platz in der GFL2, erreicht, aber wir kamen wieder recht nahe heran und im Bestreben darin auch als Team und mit den Fans als zwölfter Mann enger zusammen. Mit den Fans im Rücken haben wir sicherlich viel viel mehr erreicht, als uns nach dem ersten Kirchdorf-Spiel zugetraut wurde. Ich jedenfalls bin stolz auf die gesamte Universe-Nation.
Universe hat sich nach dem ersten Kirchdorf-Spiel vom letzten Platz auf den mittlerweile zweiten Rang verbessert. Was lief in den ersten vier, fünf Spielen schief und was wurde verändert, um wieder dermaßen erfolgreich zu werden?
Nach den ersten fünf Spielen hatten wir eine 1:4-Bilanz. Bis dahin hatten wir einfach noch nicht unsere wahre Identität als Team gefunden. Wir haben schlichtweg zu viele Fehler zur falschen Zeit gemacht, haben in der Offense – mein Fehler! – nicht konstant genug gespielt und hatten ein schweres Programm mit dem GFL2-Champion Kirchdorf, dem GFL-Absteiger Wiesbaden und Holzgerlingen, einem hungrigen, jungen Team, das mit dem Schwung des Aufstiegs angetreten war. Und das alles in den ersten fünf Spielen. Wow!
Wir haben uns danach darauf konzentriert, was wir bisher gut gemacht hatten und haben unsere Identität entsprechend geändert. Den Ball hinter der O-Line, angeführt von Bogner und Co., laufen lassen und in Runningbacks wie Schulz, Payne oder Branch haben wir entsprechend auf Stärken gebaut. Hand in Hand ging dann auch die Steigerung der Performance von Marshall und Frias als Quarterbacks und ihrer Receiver und plötzlich machten wir weniger Fehler. Unsere Defense spielte “Lights out”-Football und Coach Kösling machte mit seinen Jungs von Woche zu Woche einen außergewöhnlich guten Job. Coach Hensel und Coach Rosskopf arbeiteten mit den Special Teams und verbesserten deren Performance ebenfalls. Das Wichtigste war aber, dass wir nie den Glauben an das Team oder das Talent und Potenzial unserer Spieler verloren und den Jungs immer wieder gesagt haben „Ein Play nach dem anderen und ein Spiel nach dem anderen“. Und es hat funktioniert!
Gab es eine Art Schlüsselmoment?
Ein Schlüsselmoment war für mich, als wir nach einer kurzen Pause im Spielplan zuhause gegen die Pirates antraten. Wir standen mit 1:4 Siegen mit dem Rücken zur Wand und fielen schon im ersten Quarter mit 0:12 zurück. Unsere Fans wurden plötzlich immer lauter und lauter, schwangen diese orangen und lila Flaggen und brüllten uns nach vorne. Das war dieser spezielle Moment, ab dem wir 35 Punkte in Folge erzielten und nicht mehr zurück, sondern voraus blickten. Danke, Fans!
Wenn Du nun dennoch zurückblickst: Wie fällt Dein Saisonfazit aus?
Ein Gesamtfazit ist leicht. Wir betreiben Sport und im Sport kann alles passieren, wie wir dieses Jahr feststellen konnten. Ich habe es unserem Team immer wieder gesagt: Wenn man nach den Sternen greift und sie nicht erreicht, ist das okay, denn man ist immer noch über den Wolken gelandet. Das ist es, was dieses Team geschafft hat. Wir haben uns sehr hohe Ziele gesetzt und haben sie verfehlt, aber wir haben viel gemeinsam erreicht und sind weit oberhalb der Wolken gelandet, denn wir haben uns niemals aufgegeben.
Du betonst immer wieder, wie essentiell die Universe-Fans während der Spiele sind…
Das stimmt. Ich fordere unsere Fans immer auf, als zwölfter Mann so laut wie möglich hinter uns zu stehen. Sie sind ein riesiger Bestandteil dessen, was wir tun. Ich habe den Jungs am Samstag vor dem Spiel gesagt, dass sie sich glücklich schätzen können, dermaßen tolle Fans zu haben, die sie unterstützen. Unsere Fans lieben dieses Team – auch nach einer Niederlagenserie – und das ist etwas wirklich Besonderes. Bestes Beispiel: Während des Legends-Game kamen die Universe-Spieler die Treppe vor dem Tunnel hoch, um sich aufzuwärmen und die Zuschauer standen auf und applaudierten und schrieben. Das war überwältigend!
Was muss Deiner Meinung nach noch verbessert werden, um den nächsten Schritt, den Sprung auf Platz eins der GFL2, erfolgreich hinter sich zu bringen und dann vielleicht auch Siege in Play-off-Spielen zu erzielen?
Dieses Team hat in den zurückliegenden Spielen viel Elend erfahren und viel über harte Arbeit und Mannschaftsgeist gelernt. Rund um die Urgesteine Kai Schlegel, Kay Schulmeyer und Martin Latka gibt es einen großen, harten Kern von Spielern, mit dem man weiterhin arbeiten kann. Es sind viele Spieler, auf die dieser Erfolg aufgebaut wurde, aber wir brauchen eine größere Tiefe im Kader. Möglichst durch Charakter-Spieler, die mit ihrer Einstellung und Philosophie zum aktuellen Team passen, denn wir haben die Tradition von Universe fortgeführt. Das würde uns helfen, die Qualität im Team noch zu vertiefen und uns im Endeffekt besser machen. Wichtig ist aber auch, nicht nur neue, erfahrene Spieler für Universe zu gewinnen, sondern auch mit den Stammspielern – vom Jugendlichen bis hin zum Universe-Veteranen weiterhin hart zu arbeiten, um ihnen das Spiel „beizubringen“ und den kollektiven Football-IQ zu steigern. Wir müssen generell noch konstanter arbeiten, wie es der Staff, die Helfer und Freiwillige seit Jahren tun. Kontinuität, Geduld und Visionen sind die Schlüssel zum Erfolg.